Oma so lieb, Oma so nett…

Eine Studie über die Geschlechterrollen von Großeltern in Europa

Wer hat ein Auge auf die Kinder, wenn die Eltern einmal ausgehen wollen? – Die meisten Menschen würden sagen: Oma. Ein gängiges Klischee in unseren Köpfen ist, dass meistens die Großmütter sich um die Enkel kümmern. Aber ist das auch wirklich so? Diese Frage hat der norwegische Sozialwissenschaftler Knud Knudsen von der Universität Stavanger untersucht. Für seine Forschung nutzte er die Daten von 5500 Großeltern aus elf verschiedenen europäischen Ländern basierend auf der Studie SHARE (50 + in Europa).

Ein Blick auf die europäischen Großeltern gibt Antworten

Im Fokus der Untersuchung von Knudsen steht die Gruppe der 60 – 85 Jährigen, da in diesem Alter die meisten Menschen Enkelkinder bekommen. Die TeilnehmerInnen an der Studie 50 + in Europa beantworteten die Frage, wie häufig sie Kontakt zu ihren Enkelkindern haben. Die Antwortmöglichkeiten liegen auf einer Skala zwischen 0 (kümmern sich gar nicht um ihre Enkelkinder) und 4 (kümmern sich die meiste Zeit um ihre Enkelkinder).

Was stellte sich heraus? Die Vorstellung der fürsorglichen Oma stimmt wirklich. Großmütter kümmern sich im Durchschnitt mehr um ihre Enkel als Großväter. Die meiste Zeit mit ihren Enkeln verbringen Großmütter im Alter zwischen 60 – 64 Jahren.

Die Forscher wollten jedoch auch wissen, was der Grund für den Unterschied zwischen Großmüttern und Großvätern ist: Liegt es ausschließlich an den traditionellen Geschlechterrollen oder spielen noch andere Umstände mit? Knudsen fand heraus, dass die traditionellen Rollen, die die Großeltern ihr Leben lang in ihrer Partnerschaft eingenommen haben, wirklich einen Teil des Unterschieds erklären. Diese Rollen haben einen starken Einfluss auf die Eingebundenheit in das Familienleben und auf die Zeit, die mit den Enkelkindern verbracht wird.

Alleinstehende oder verheiratete Großväter: wer ist der lustige Opa?

Es gibt aber noch einen einflussreichen Aspekt neben den traditionellen Rollen: die Partnerschaft. Knudsen fand einen Unterschied zwischen Großeltern, die noch mit ihrem Partner zusammenleben, und Großeltern, die alleinstehend / verwitwet sind. Vielleicht würde man erwarten, dass die alleinstehenden Großeltern mehr Zeit mit den Enkeln und der Familie verbringen. Aber das ist nicht der Fall: Genau diejenigen, die noch einen Partner haben, sind stärker eingebunden in die Familien ihrer Kinder.

Alleinstehende Großmütter sind in Europa viel häufiger anzutreffen als alleinstehende Großväter. Der Grund dafür ist, dass Frauen in der Regel länger leben als Männer und manchmal etwas ältere Männer heiraten. So haben Großväter in ihren frühen Achtzigern häufig eine noch lebende Ehegattin, wohingegen Großmütter in diesem Alter oftmals schon verwitwet sind. Die alleinstehenden Großmütter verbringen aufgrund ihrer traditionellen Rolle mehr Zeit mit den Enkeln als alleinstehende Großväter. Am wenigsten Zeit mit ihren Enkeln verbringen die alleinstehenden Großväter über 70.

Aber den lustigen Opa gibt es auch! Das ist der verheiratete Opa über Siebzig. Unterstützt von seiner Frau ist er in der Lage, mehr mit den Enkelkindern zu unternehmen. In dieser Altersgruppe kümmern sich die meisten verheirateten Großväter um ihre Enkelkinder.

Fazit

Die Daten aus der Studie 50 + in Europa beweisen, dass Großmütter besonders wichtig sind bei der Betreuung von Enkelkindern und dass dies auf traditionelle Rollen zurückzuführen ist. Großmütter haben einen stärkeren Einfluss als Großväter auf den Zusammenhalt der Generationen, entweder weil sie sich um die Enkel kümmern oder weil sie ihren Mann unterstützen, damit er Zeit mit dem Enkel verbringen kann.


Study by Knudsen, K. (2016): “Good Grandfathers have a partner”. In: Buchanan, A. and A. Rotkirch (eds.) Grandfathers. Global Perspectives, 165-181. Hampshire: Palgrave Macmillan UK.
http://link.springer.com/chapter/10.1057/978-1-137-56338-5_9